Als ein Ergebnis von mehr als zwei Jahren pionierreicher Mitarbeit im Hamburger Pilotprojekt "Start in die nächste Generation" (2014 - 2016) zeigen sich folgende Teilbereiche, die signifikante Bedeutung für den Grad des Gelingens eines Digitalen Wandels innerhalb Schule haben:
Veränderungsmanagement könnte DIE Herausforderung der Implementierung digitaler Bildung in Schulen sein. Ein Indiez hierfür ist eine Gruppe von Lehrern innerhalb eines jeden Kollegiums, die der Entwicklung skeptisch, zögerlich und teilweise verwiegernd gegenüber stehen.
27.06.2016. Das Hamburger Pilotprojekt „Start in die nächste Generation“ beinhaltet unter anderem BYOD als signifikanten Konzept-Baustein. Doch warum BYOD? Warum bekommt nicht jeder Schüler von der Regierung einen Computer zur Verfügung gestellt?
Durch nun mehr als zwei Jahre Projekterfahrung versuche ich hierzu Antworten zu geben. Einige Vorteile werden erst dann sichtbar, wenn Veränderungen im Denken stattgefunden haben. Auch wenn ich hiermit ein wenig polarisiere - ich bin der Überzeugung:
BYOD verfügt über eindeutige Vorteile für Schüler, Lehrer, Schulen und Schulträger.
Laut der BITKOM-Studie (2015) verfügen bereits 92% der Schüler zwsichen14 und 19 Jahren über ein eigenes Handy oder Smartphone, welches sie auch in der Schule nutzen. Warum soll Schule jeweils einen weiteren Minicomputer (z.B. Tablet oder Notebook) anschaffen, wenn die Schüler doch schon ein eigenes Gerät haben? Warum doppelt anschaffen?
Der Minicomputer ist m.E. stets auf dem aktuellen technischen Stand, die Schülerinnen und Schüler sorgen eigenmotiviert dafür, ein modernes Gerät zu besitzen, damit ihre aktuellen Anwendungen für Sozial Media oder Gaming auf dem Minicomputer reibungslos funktionieren.
Da das Gerät dem Schüler gehört, kümmert er sich um funktionierendes Gerät inklusive die nötigen Apps, die vom Lehrer empfohlen werden. Somit ist hierfür weniger Schulsupport nötig.
Ab Klasse 7 oder 8 sind Eltern aufgefordert einen Taschenrechner und später sogar einen grafischen Taschenrechner für höhere Klassen. Anstelle eines Taschenrechners ist nun „nur“ ein Tablet anzuschaffen, der wesentlich vielseitiger eingesetzt werden kann, nach dem Motto: Lieber einen multifunktionalen Minicomputer anstatt einen Taschenrechner. In Klassenarbeiten werden noch Taschenrechner benötigt, weil das Tablet auch multifunktional ist. Aber:
1. Schreitet die Technik weiter voran und Hersteller wie beispielsweise Samsung arbeiten daran, dass Gerät in einen „Klausurmodus“ versetzen zu können und
2. erlebe ich in der täglichen Arbeit mit digitalen Medien mit Schülern, dass wenn denen klar ist, dass sie nun nur den Taschenrechner verwenden dürfen, alles andere als Vertrauensbruch (Täuschungsversuch) gilt. Und m.E. halten sie sich daran.
3. Eine Veränderung in Richtung offener Aufgabenstellung, wie beispielsweise zu den mündlichen Abschlussprüfungen, führt dazu, dass Schüler mit den digitalen Geräten die Aufgaben bearbeiten dürfen und dann sind digitale Kompetenzen von Vorteil.
Der Schüler will von sich aus über ein aktuelles Gerät gemäß dem neuesten technischen Stand verfügen. Deshalb besorgt er sich regelmäßig ein neues Gerät. Die Schule muss keine Ersatzbeschaffung durchführen, wenn Geräte veraltet sind.
Durch Smartphone oder Tablet verfügt jeder Schüler über einen eigenen Minicomputer. Hiermit ist die seit Jahren ersehnte 1zu1-Ausstattung möglich: Dass jedem Schüler ein eigener Computer zum Lernen zur Verfügung steht.
Jeder Schüler optimiert sein eigenes Gerät, sei es im Handling, in der Nutzung usw. Hierin besteht eine Zeitersparnis gegenüber der Variante, dass sich der Schüler auf ein Standard-eingerichtetes Schulgerät einstellen muss. Zeitersparnis und weniger Irritation entstehen dadurch, dass sich der Schüler nicht an ein Schulgerät gewöhnen und sich auf dessen Oberfläche nicht einarbeiten muss.
Schüler nehmen aus intrinsischer Motivation heraus immer ihren Minicomputer mit sich. Egal wo sie gerade auch sind, der Computer in der Hosentasche ist dabei. Damit ist im Sinne situativen Lernesn das Arbeiten und Lernen jederzeit und überall möglich.
Schüler fühlen eine besondere Verantwortung ihrem mobilen Gerät gegenüber, denn sie wissen um dessen Wert. Sich verantwortlich für den Minicomputer zu fühlen, mit dem man auch Arbeiten und Lernen kann, kann sich auf eine Verantwortung fürs eigene Lernen übertragen.
Schüler stellen mit Hilfe der Schule fest, dass der eigene Minicomputer nicht nur zum Spielen, Chatten oder Musikhören dienen kann sondern als ein außerordentliches Multifunktionswerkzeug nutzen kann. Sie lernen verantwortlich mit dem Gerät umzugehen, die Ablenkungsnutzung (Spielen, Chatten) wird reduziert.
Im Studium und im Berufsleben sind digitale Medien schon jetzt vieler Ort ein Standard. Mit digitalen Medien sinnvoll umgehen zu können und weniger sich ablenken zu lassen oder kein Missbrauch zu betreiben, das lernen die Schüler bereits jetzt in der Schule und das gilt auch für ihren ganz persönlichen Minicomputer.
Literatur:
BITKOM (2015): http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM-Studie_Digitale_Schule_2015.pdf
So individuell unsere Schülerinnen und Schüler sind, so individuell ist jede einzelne Schule. Folglich muss jede Schule ein für sich passgenaues Einführungs- und Umsetzungskonzept des Hamburger Pilotprojekts erarbeiten. Eine solche digitale Agenda wird von allen beteiligten Gremien einer Schule erstellt.
An meiner Schule habe ich zu Beginn Umfragen bei Lehrern, Schülern und Eltern vorgenommen. Hierdurch wurden alle informiert, sensibilisiert und das Vorhaben legitimiert. Anschließend habe ich aus dem Lehrerkollegium medienaffine Kolleginnen und Kollegen ausgewählt, die mit mir in einer Projektgruppe an der Umsetzung arbeiten. Hinzu kommt eine AG, die für alle interessierten KuK offen ist.
Klassen, die am BYOD-Projekt teilnehmen wollen, wählen bis zu vier Schülerinnen und Schüler aus, die zu IT-Assistenten schulintern weitergebildet werden. LehrerInnen stehen zur Entlastung verschiedene Fortbildungen, besondere Informationsstrukturen und ein spezieller Lehrer-Support zur Verfügung. Ich habe Kooperationspartner gefunden, über die unsere Schülerinnen und Schüler Tablets per Mietkauf finanzieren können. An weiteren Kooperationen arbeiten wir zurzeit.
Ferner haben sich einige Lehrerinnen und Lehrer bereits als Experten so stark professionalisiert, dass ihr Wissen für schulinterne Fortbildungen, Workshops und kollegiales Coaching verwendet sowie an andere Schulen exportiert werden kann (WiEx-Wissensexport).
Neben den Konzepten entstehen während des Projektverlaufs auch Baustellen, wie beispielsweise „Klassen mit wenigen Tablets und vielen Smartphones“, „niederschwellige Fortbildung zur Lernplattform“ oder „monatliche Workshops für in BYOD-Klassen arbeitende Lehrer“, die wir im Schuljahr 2015/16 aktiv bearbeiten werden.
Mit diesen schul-optimierten Konzepten kann jede Schule zusätzlich an Wettbewerben teilnehmen und ihre Einzigartigkeit in vielerlei Hinsicht unter Beweis stellen.